Essen im Flugzeug oder wie kommen die Pommes auf die Menükarte?

Machen wir uns nichts vor: Das Fliegen heute ist anders. Während man früher für alle Gäste ein identisches Gericht servierte und die Ansage mehr oder weniger lautete: „Es wird gegessen, was auf den Klapptisch kommt!“, besteht im Zeitalter der Digitalisierung der Wunsch nach einem individuellen Flugerlebnis. Warum solltest du auf deinem Flug auf die Kanaren ein Nudelgericht essen müssen, wenn dir eher der Sinn nach einer Currywurst steht? Und wer will sich schon gern überraschen lassen, wenn er die Wahl hat selbst zu entscheiden, was es zu essen gibt?

TUI fly Flugbegleiter Christoph Marx serviert die heiß begehrte Currywurst

Folglich ist es sinnvoller, dem Gast zu überlassen, ob und vor allem was er gerne essen möchte. Du hast also die Möglichkeit vorab aus einer Auswahl zu bestellen oder deinen Favoriten an Bord auszuwählen. So bekommt jeder auch wirklich das, worauf er Appetit hat. Außerdem muss nicht mehr so viel Essen vernichtet werden, da viel besser abgeschätzt werden kann, wie viele Portionen von welchem Gericht an Bord benötigt werden.

,,Moment!”, wirst du jetzt sagen, „…früher war das aber kostenlos und jetzt zahle ich alles extra!“ So einfach ist es nicht. Früher wurden die Kosten für Essen und Getränke auf die Ticketpreise aller Gäste umgelegt. Das heißt, selbst wenn du nichts gegessen oder getrunken hast, musstest du es bezahlen und im Zweifelsfall wurde das Essen später entsorgt (es sei denn ich habe die übrig gebliebenen Nudelgerichte verputzt – aber das ist eine andere, kalorienreiche Geschichte). Dies war am Ende für alle nicht besonders gerecht, ganz zu schweigen von den Tonnen an Plastikmüll, die dadurch produziert wurden.

Stellt sich also die Frage: Wie sucht man heute als Fluggesellschaft die Speisen aus?

Zuerst einmal kann nicht jeder Lieferant oder Produzent für die speziellen Bedürfnisse einer Fluggesellschaft entsprechende Speisen anbieten. Wie für fast alles gibt es auch dafür Messen, wo Fluggesellschaften und Anbieter zusammenkommen. Man tauscht sich aus, knüpft Kontakte und probiert, was die Küchen vorbereitet haben (es gibt schlimmere Arbeitstage…). Werden die Catering-Kollegen fündig, lassen sie sich Proben nach Hannover in die Zentrale schicken. Diese werden dann geprüft, verköstigt und nach verschiedenen Kriterien beurteilt. Da kann es dann schon mal vorkommen, dass man auf dem Weg zum Kaffeeautomaten von den Kollegen abgefangen wird und unverhofft eine Gabel in die Hand gedrückt bekommt. Übrigens: Die Pommes Frites haben es erst nach einigen Testflügen in das Sortiment der TUI fly Café Menükarte an Bord geschafft. Nicht, weil sie nicht schmeckten, sondern, weil es bisher kaum eine Fluggesellschaft probiert hatte. Das Feedback der Gäste war aber sehr gut und damit war es einen Versuch wert. Pommes Schranke bei TUI fly? Läuft!

Warum sind die Preise an Bord nicht mit denen eines Supermarktes zu vergleichen?

Den Vergleich zum Bäcker, der eine Laugenstange für 55 Cent anbieten kann, müssen wir hier leider ein wenig revidieren. Der Bäcker um die Ecke verkauft seine Laugenstange nicht in einem Sicherheitsbereich (Flughafen/Flugzeug), der sehr strengen Auflagen unterliegt. Nicht jeder darf Waren an ein Flugzeug liefern. Diese Lieferanten (die sog. Caterer) müssen zertifiziert sein. Alle Waren müssen grundsätzlich speziell gelagert, gesichert und vor jeder Beladung kontrolliert werden. Diese und noch viele weitere Kosten möchte der Caterer natürlich von der Airline erstattet bekommen (und ein wenig Gewinn gönnen wir ihm auch…). Das alles führt dazu, dass eine Laugenstange oder eine Flasche Wasser im Flugzeug teurer sein kann als beim Bäcker um die Ecke.

Welche Kriterien spielen bei der Auswahl der Bord-Snacks noch eine Rolle?

Nehmen wir als Beispiel einen ganz einfachen Snack wie unsere Laugenstange: Es ist nicht ganz einfach eine Speise zu finden, die für die meisten Gäste (ca. 4 Millionen pro Jahr) geeignet ist und den Rahmen der Komplexität nicht sprengt. Ideal ist also ein Imbiss, der für Vegetarier, Veganer, Allergiker und alle Religionen gleichermaßen gut geeignet ist. Außerdem muss man ihn morgens, mittags und abends servieren können, er sollte nicht zu viel Platz wegnehmen und auch einen längeren Tag an Bord ohne Probleme in Geschmack und Qualität überstehen. Das ist schon mal eine relativ lange Liste, die zu erfüllen ist. Alles, was einen Belag wie Butter, Käse, Fleisch, Wurst, Margarine oder Gemüse hat, fällt damit eigentlich schon raus. Ihr seht also: Der Auswahl-Prozess ist sehr komplex. Von dem veränderten Geschmackssinn in 11.000 Metern Höhe, dem begrenzten Stauraum, den verschiedenen Zubereitungsarten, dem Luftdruck sowie der absoluten Unplanbarkeit von Belademengen wollen wir gar nicht erst anfangen. Und plötzlich ist so eine leckere, einfache und warme Laugenstange dann doch perfekt. Haken dran!

Apropos Laugengebäck

Ich erinnere mich an einen Flug, als ein Gast verzweifelt versuchte, mit seinem Plastikmesser dem offensichtlich widerspenstigen, aber inkludierten Laugenbrötchen zu Leibe zu rücken. Da es sich partout nicht aufschneiden ließ, stach er mit der Gabel in das Brötchen und hielt es senkrecht in die Luft. In dieser Stellung verharrte der Herr bis meine Kollegin mit ihrem Trolley neben ihm stand. Noch bevor sie etwas sagen konnte, rief der Herr sehr erbost und mehrfach „WAS IST DAS?!“ Daraufhin herrschte Stille im Flugzeug. Die Kollegin spielte unschuldig an ihren Haaren, betrachtete das aufgespießte Brötchen intensiv von allen Seiten und sagte dann in einem ernsten aber überzeugten Ton: „Ein Türstopper!“ Selten wurde ein verärgerter Gast so schnell zum Lachen gebracht…

1 Kommentare
  1. zodiac

    Vielen Dank für diesen sehr aufschlussreichen und informativen Beitrag. Somit sieht man das Catering im Flugzeug mit ganz anderen Augen. Auch die Art und Weise wie dieser Artikel geschrieben wurde, gefällt mir persönlich sehr gut. Hierfür ebenfalls nochmal 5 Sterne mit Daumen hoch. 🙂

    09.04.2019, 20:04
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