Weltraumtourismus: Vision oder Wahnsinn?

Wir nehmen dich in diesem Blogbeitrag mit auf eine Reise ins All, zeigen dir, welche Möglichkeiten Weltraumtouristen aktuell haben und zeigen dir, warum trotz aller Faszination ein durchaus kritischer Blick auf die Thematik des Weltraumtourismus angebracht ist.

“That’s one small step for a man, one giant leap for mankind“

Neil Armstrong

– mit diesen Worten betrat der Astronaut Neil Armstrong unter den gebannten Augen von Millionen Fernsehzuschauern als erster Mensch den Mond. Viele weitere Astronauten sollten ihm im Laufe der Jahre in die Schwerelosigkeit folgen. Für den Rest der Menschheit blieb der Traum eines „Rocketman-Daseins“ noch lange Zeit in weiter Ferne. Doch könnten die Sterne bald für viel mehr Menschen in ihrem Urlaub zum Greifen nah sein? Dank technischer Möglichkeiten und mit dem notwendigen Kleingeld kann der Traum vom Flug ins All auch für Privatpersonen Wirklichkeit werden. Mittlerweile ist ein regelrechter Wettkampf rund um die Gunst der Kunden und die Realisierung verschiedener Vorhaben entbrannt.

Astronaut steht auf der Oberfläche des Mondes und blickt hinab auf die Erde.

Ein bewegender Moment – ein Astronaut auf dem Mond, mehrere hundert tausende Kilometer entfernt von der Erde. | AdobeStock/Wuttichaik

Im Wandel von Zeit und Raum: Eine kurze Geschichte des Weltraumtourismus

Knapp über 60 Jahre sind seit dem Start des ersten bemannten Raumschiffs mit Juri Gagarin aus dem Jahr 1961 vergangen. Acht Jahre später der unvergessliche Meilenstein: Die Mondlandung der Apollo 11. Mit der Möglichkeit, Menschen sicher in den Weltraum und zurück zur Erde zu bringen, war der technologische Fortschritt kaum aufzuhalten.

Schon im Jahr 2000 gründete Jeff Bezos sein Raumfahrtunternehmen Blue Origin
und 2008 startete die erste Rakete des Unternehmens Space X von Elon Musk und Tom Mueller. Mit diesen beiden Ereignissen entdeckten auch Privatunternehmen das Potenzial der Reisen in den Weltraum. Schon längst dienen die verwendeten Raketen der Unternehmen nicht nur der Erkundung: Breit angelegte Tests und Weiterentwicklungen der futuristischen Transportmittel beabsichtigen immer häufiger die Personenbeförderung.

Im Jahr 2020 (Space X) und 2021 (Blue Origin) absolvierten die beiden führenden Unternehmen jeweils den ersten bemannten Flug. 2022 durften drei Weltraumtouristen dank Space X die Faszination des Alls von der ISS aus erleben. Im August 2023 realisierte Virgin Galactic bereits sein drittes kommerzielles Weltraumabenteuer für Privatleute: Während der erste Flug im Juni drei italienische Forscher in den Orbit brachte, waren im August sowohl ein 80-jähriger ehemaliger Olympia-Athlet als auch ein Mutter-Tochter-Gespann dabei, die ihre Tickets bei einer Wohltätigkeitslotterie gewannen. Das Unternehmen plant, in Zukunft idealerweise monatliche Weltraumflüge für zahlende Kunden anzubieten.

Unternehmen im Weltraumtourismus: Wem gehört das Weltall?

Mit Blick auf die rasante Entwicklung stellt sich vielleicht auch dir die Frage: Wem gehört eigentlich das Weltall? Immerhin buhlen mehrere Unternehmen um die Gunst der meist zahlungsfreudigen und solventen Kundschaft. Bereits im Jahr 2022 betrug der Wert des globalen Weltraumtourismus-Markts knapp 700 Millionen US-Dollar, schon bis 2023 wird ein Wachstum auf über 815 Millionen US-Dollar erreicht. Im Vergleich zum globalen Tourismus (1.481 Milliarden US-Dollar Einnahmen im Jahr 2022) fällt das Volumen zwar noch überschaubar aus, in den kommenden Jahren ist aber eine massive Steigerung von geschätzten 40,2 Prozent jährlichem Wachstum bis 2030 zu erwarten.

Schon heute drängen sich viele große und kleine Unternehmen auf dem Markt, die einen Teil der wirtschaftlichen Entwicklung in die eigenen Kassen lenken möchten. Im Folgenden stellen wir dir kurz die bekanntesten Namen in diesem Segment vor.

Blick auf das Weltall mit einem Frachtraumschiff.

Das Weltall, geheimnisvoll und anziehend. | AdobeStock/dimazel

Blue Origin

Blue Origin ist ein US-amerikanisches und privates Raumfahrtunternehmen. Seit der Gründung im Jahr 2000 durch Jeff Bezos hat sich Blue Origin in den folgenden Jahren mit mittlerweile 6.000 Mitarbeitern zur festen Größe in diesem Segment entwickelt. Ein touristischer Flug mit Blue Origin dauert elf Minuten. Das Ticket für den ersten Sitzplatz wurde für 28 Millionen US-Dollar versteigert.

Space X

Elon Musk und Tom Mueller gründeten im Jahr 2002 Space X, um Technologien für die Kolonisierung anderer Planeten zu entwickeln. Space X betreibt mittlerweile mehrere Startanlagen für die eigenen Raketen, unter anderem an der Ost- und Westküste in Amerika. Seit 2023 können Amateurastronauten Weltraumspaziergänge mit SpaceX durchführen.

Virgin Galactic

Virgin Galactic gehört zu den jüngeren Unternehmen im Segment der privaten Raumfahrtunternehmen und wurde im Jahr 2004 gegründet. Seit 2021 bietet das Unternehmen Weltraumflüge ab 450.000 US-Dollar pro Sitz an und realisierte 2023 bereits seinen dritten kommerziellen Flug für Touristen.

Axiom Space

Hinter Axiom Space, einem im Jahr 2016 gegründeten privaten Raumfahrtunternehmen, steht unter anderem Michal Suffedini, ein ehemaliger NASA-Programmdirektor. Axiom Space ist unter anderem für die Entwicklung neuartiger Raumanzüge oder für die Ausstattung der ISS mit ergänzenden Stationsmodulen verantwortlich.

Orbital Assembly

Orbital Assembly gehört zu den ambitionierten Playern im Segment der privaten Raumfahrtunternehmen. Schon in drei Jahren soll eine Pioneer-Station im Weltraum für bis zu 28 Personen aufgebaut werden, die dann private Ausflüge erlaubt.

Zephalto

Das Unternehmen Zephalto stammt aus Frankreich und bietet interessierten Kunden mit dem notwendigen Budget Ballonflüge in die Stratosphäre an. Lediglich sechs Touristen können pro Flug mitreisen und steigen dabei in eine maximale Flughöhe von bis zu 25 Kilometern auf.

Der Weltraumtourist von heute: Diese Möglichkeit gibt es im Jahr 2023

Technisch sind Flüge in den Weltraum heute grundsätzlich auch für Touristen möglich. Doch Weltraumflug ist nicht gleich Weltraumflug: Hier lassen sich orbitalen und suborbitalen Flüge unterscheiden.

Orbitalflüge führen dich auf eine Reise in über 400 Kilometern Höhe und erfordern eine leistungsstärkere Rakete mit Mach-23-Geschwindigkeit (etwa 28.000 km/h). Für einen kurzen Ausflug ins All und unvergessliche Ausblicke reicht bereits ein suborbitalen Flug, der Passagiere mit einer Höchstgeschwindigkeit von etwa 3.550 km/h (Mach-3) in eine Höhe von etwa 80 – 113 Kilometern befördert.

Bild einer abhebende Rakete.

Mit der Rakete auf den Weg ins Weltall. | AdobeStock/Goffkein

Im Jahr 2023 spielen beim Weltraumtourismus vor allem die suborbitalen Flüge eine zentrale Rolle. Derzeit arbeiten die großen Unternehmen in diesem Segment an Raketen, die für Reisen mit zahlenden Touristen konzipiert sind. Hier können Touristen einen Blick auf die Erde werfen und wenige Minuten der Schwerelosigkeit erleben.

Doch trotz des zunehmenden Optimismus: Für die Allgemeinheit stellen die Flüge in den Weltraum aktuell noch keine Option dar. Hierfür sorgen in erster Linie die hohen körperlichen, aber auch finanziellen Voraussetzungen: Schon die günstigste Variante, ein kurzer Flug mit Space Perspective, kostet dich 125.000 US-Dollar. Spitzenreiter ist Space X: Für 55 Millionen US-Dollar bekommst du allerdings einiges geboten. Hier steht eine zehntägige Reise zur ISS mit einem einwöchigen Aufenthalt im Orbitallabor auf dem Programm.

Ein Flug mit Blue Origin, dem Unternehmen des Amazon-Gründers Jeff Bezos, wird dir für etwa 300.000 US-Dollar angeboten und dauert zwölf Minuten. Grundsätzlich kann durch das zunehmende Angebot allerdings ein langfristig kostengünstigeres Reisen erwartet werden. Dies gilt zumindest dann, wenn viele Personen gleichzeitig in das Weltall reisen. Hier entstehen allerdings weitere Anforderungen, etwa mit Blick auf die logistische Abwicklung. Mit Blick auf den Stand der aktuellen Technik ist ein Massentourismus im Weltraum also noch Zukunftsmusik.

Preise für Weltraumausflüge in der Übersicht:

► Space Perspective: ab 125.000 US-Dollar (sechsstündige Ballonfahrt in die Stratosphäre)
► Virgin Galactic: 450.000 US-Dollar (90-minütiger Flug in 50 Kilometer Höhe)
► Blue Origin: 200.000 – 300.000 US-Dollar (12-minütiger Flug in 100 Kilometer Höhe)
► Space X/Axiom Space: 55.000.000 US-Dollar (10-tägige Reise)

 

Bereits heute sind die ersten Space-Hotels geplant, etwa unter der Bezeichnung „Orbital Assembly“. Auch der technische Fortschritt ist noch längst nicht am Ende. Schon jetzt finden Forschungen für wiederverwendbare, effiziente Raketen statt, die auch für Flüge auf der Erde genutzt werden können. Langfristig ist eine Nutzung für Reisen von einem Ort zum anderen also durchaus denkbar.

Reality-Check: Wer träumt von der Reise ins All?

Laut einer YouGov-Umfrage aus dem Jahr 2016 gab ein Drittel der Deutschen an, ins Weltall zu fliegen, wenn Geld keine Rolle spielen würde (Quelle: yougov.de ). Bis heute haben sich die Zahlen kaum verändert: Eine im Juli 2023 durchgeführte Umfrage von YouGov zeigt, dass immerhin 28 Prozent der Befragten „voll und ganz” (11 Prozent) oder „eher” (17 Prozent) Interesse daran hätte, unseren Planeten einmal als Weltraumtourist zu verlassen. (Quelle: yougov.de)

Würden alle Interessierten ihr Vorhaben tatsächlich als Weltraumtourist umsetzen, stünde das All im Vergleich zu den beliebtesten Reisezielen der Deutschen im Jahr 2023 (laut der Studie: „Reisetrends 2023 von Marriott Bonvoy”,(Quelle: marriott.pressarea.com) durchaus gut dar und würde sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Spanien liefern.

Zwei Astronauten entspannen in Liegestühlen mit Drinks auf dem Planeten Mars.

Urlaub der Zukunft? Entspannen bei einem Cocktail auf dem Mars. | AdobeStock/Aksana

Dabei sind Männer deutlich eher bereit zu einem Ausflug ins All bereit: Während 35 Prozent der Männer ihr Interesse bekunden, würden sich nur 21 Prozent der Frauen gern als Weltraumtouristin auf den Weg machen. Das Interesse sinkt zudem mit zunehmendem Alter: Vor allem Personen zwischen 18 und 24 Jahren würden gern in den Weltraum reisen (42 Prozent). Bei den befragten Personen über 55 Jahren sind es lediglich 17 Prozent, die die heimische Erde verlassen würden. (Quelle: yougov.de)

Übrigens: Bei einer YouGov- und Statista-Umfrage aus dem Jahr 2022 gaben 76 Prozent aller Deutschen an, die Forschung im Weltraum für grundsätzlich sinnvoll zu halten. Außerdem glaubt ein Großteil daran, dass die Menschen in Zukunft ihren Planeten dauerhaft verlassen können: 43 Prozent der Frauen und 56 Prozent der Männer stimmen dieser Aussage „eher” bis „voll und ganz” zu. Gleichzeitig verweisen dennoch 60 Prozent der Befragten auf die Notwendigkeit, sich besser mit dem Leben auf der Erde zu beschäftigen als mit dem Weltraum.

Die Schattenseiten des Weltraumtourismus

Doch bekannterweise ist nicht alles Gold, was glänzt: Bei einer ganzheitlichen Betrachtung der aufkommenden Debatte über Weltraumtourismus öffnet Träumern und Visionären besonders der Umweltaspekt die Augen: Die CO₂-Emissionen der Weltraumindustrie sind enorm. Zum Vergleich: Während bei einer klassischen Flugreise pro Gast eine bis drei Tonnen CO₂ ausgestoßen werden, sind es bei einem Raketenflug zwischen 50 und 75 Tonnen. Bei einer Zugreise sind es sogar nur 43 Kilogramm CO₂. Zudem fallen die Auswirkungen durch Chlor-Emissionen beim Start und Stickoxid-Emissionen beim Wiedereintritt in die Atmosphäre im direkten Vergleich zu den Auswirkungen durch Ruß-Quellen an der Erdoberfläche oder an Flugzeugen etwa 500-mal stärker aus.

Das Müllproblem, schon längst von der Erde bekannt, macht zudem auch vor dem Weltraum keinen Halt. Schon heute befinden sich im Erdorbit mehr als 32.000 Teile Weltraumschrott. Tendenz, deutlich steigend. Der größte Teil des Mülls kreist in etwa 200 bis 2.000 Kilometern Höhe. Eine zunehmende Zahl der Ausflüge und Reisen ins All lässt die Probleme durch Weltraumschrott weiter zunehmen und es gilt als zentrale Aufgabe der Industrie, diese Problematik in den kommenden Jahren zu lösen.

Zudem zeigen Katastrophen der vergangenen Jahrzehnte,, wie schnell eine Reise in das Weltall in einem Desaster enden kann. Das bekannteste Beispiel dürfte die Explosion der US-Raumfähre „Challenger“ kurz nach dem Start von Cape Canaveral darstellen. Hier kamen sieben Astronauten ums Leben. Etwa 73 Sekunden nach dem Start explodierte die Raumfähre in einer Höhe von 14.000 Metern, eine Stunde später regnete es Trümmer in den Atlantik.

Fun Fact: Der Weltraum will uns töten. Eine Reise in den Weltraum stellt selbst für fitte Menschen eine große Herausforderung dar. Hier lauern viele Gefahren, etwa durch die Isolation, die erhöhte Strahlenbelastung und die Schwerelosigkeit. Auch deshalb ist für angehende Weltraumtouristen ein aufwändiges, umfangreiches Training vor Antritt der Reise notwendig, um sie bestmöglich auf die lebensfeindlichen Bedingungen vorzubereiten.

Weltraumtourismus – spannende Entwicklungen in den vergangenen und kommenden Jahren

Der Weltraumtourismus fasziniert nicht ohne Grund. Spannende technische Entwicklungen, der besondere Blick auf die Erde und die Herausforderungen in großer Höhe lassen deiner Fantasie und Abenteuerlust sicherlich freien Lauf. Allerdings solltest du trotzdem deinen kritischen Blick nicht vergessen. Nur wenige Menschen erhalten überhaupt das Privileg, in den Weltraum zu reisen und auch die Umweltbelastung stellt ein großes Problem dar. Ob und wie sich der Weltraumtourismus in den kommenden Jahren entwickelt, steht derzeit auch deshalb noch sprichwörtlich in den Sternen.

Unzählige Sterne am Himmel.

Die Sterne – (noch) in unerreichbarer Ferne. | AdobeStock/HY

Quellenangaben:
de.statista.com/infografik
YouGov
forschung-und-wissen.de
dlr.de
tagesschau.de
zeit.de

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