Hang Ten auf der Havel – Adrenalin beim Flusswellensurfen

Nicht wenige Wasserratten träumen jeden Sommer von einem Surfurlaub an der Küste, sitzen aber abgesehen von ein paar Wochen Urlaub im Jahr buchstäblich auf dem Trockenen in Deutschland. Selbstverständlich bieten die Seen und Flüsse jede Menge Wasserspaß in Form von Bootsfahrten, Schlauchbootfahren, Angeln und Schwimmen. Aber Surfen? Das geht auch in Deutschland bei einem Ausflug zum Fluss-Surfen.

Das zufriedene Lächeln von Frank Sorge, den Inhaber der Surfschule 2Wave, fiel mir zuerst auf. Braungebrannt und gut gelaunt manövrierte er sein Boot durch die ruhige Havel und erklärte uns, wie wir uns verhalten sollten, sobald das Boot halten würde: In den Neoprenanzug zwängen, Surfboard schnappen, ins kalte Wasser springen, Leine Heck des Boots festhalten und sich auf den Knien rutschend auf dem Board ziehen lassen, bis sich eine Welle hinter dem Boot geformt hat.

Müde schauten die anderen Gäste an Bord in die grüne Weite und sehnten sich nach einem Kaffee. Der frühe Start um acht Uhr morgens war definitiv nicht jedermanns Sache. „Sobald ihr im Wasser seid, werdet ihr schon munter,“ lachte Frank und ließ die ersten Surfboards ins Wasser gleiten.

Die perfekte Welle auf der Havel

Der ehemalige professionelle Wakeboarder aus Brandenburg hat sich nahe Pritzerbe nach vielen restlosen Jahren seinen Traum verwirklicht. Als er sich dort niederließ, suchte Frank nach einer Möglichkeit, auch zu Hause auf der Havel seiner Leidenschaft nachzugehen. Kurzerhand baute er den Motor seines Bootes um, sodass durch den Auftrieb eine perfekte Welle hinter dem Boot entstand.

Geboren war das Flusswellen-Surfen in Brandenburg an der Havel – nur 70 Kilometer westlich von Berlin entfernt.

Seit mittlerweile mehr als fünfzehn bietet Frank mit 2Wave das Surfer-Feeling für Berliner, Hamburger und anderen Besuchern an und jedes Jahr werden es mehr. Immerhin lässt sich die Wellenausbeute sehen: Gerade für Anfänger und Longboarder sind die minutenlangen Surf-Sessions ein Traum, die unter normalen Bedingungen im Meer kaum möglich sind. Mit wechselnden Bedingungen, Strömungen und vielen Surfer im Lineup ist hier nicht zu rechnen.

Im Laufe des insgesamt etwa viereinhalbstündigen Surftrips auf der Havel kommen die Surfer im Schnitt alle fünf Minuten auf ihre Kosten und können sich so auf das Lernen der Skills konzentrieren.

Das Boot fährt zwischen zwei Bojen auf der Wassersportstrecke nahe Tieckow rund 300 Meter hin und her. An jedem Ende nehmen zwei Wellenreiter die Leinen und lassen sich vom Boot in die Welle je rechts und links vom Motor ziehen. Frank fährt als moralischen Support in der Mitte mit, um zu unterstützen und Tipps zu geben.

Wackliger Start

Zunächst wackelte und ruckelte es etwas über die Wellenberge, die sich größer anfühlten als sie sind. Doch tatsächlich spürte ich einen Auftrieb auf der Welle und das Board schien plötzlich von allein zu fahren. „Jetzt lass die Leine los und steh auf,“ rief Frank mir zu.

Ich warf die Leine weg, ließ mich noch ein paar Meter kniend durch das Wasser ziehen und sprang endlich auf meine Füße. Es funktionierte tatsächlich – ich stand und surfte die Flusswelle. Das Gefühl war zunächst etwas ungewohnt, da die Welle kleiner und weniger stark als im Meer ist, doch gleichzeitig ist der Popup einfacher. Ich musste keine Wellen lesen, war nicht auf Wind- und Wellenrichtungen angewiesen und sparte meine Kraft, in dem ich nicht mühsam zum Spot paddeln musste. Fiel ich ins Wasser, paddelte ich einfach zurück an die Bojen und wartete auf die nächste Runde. Der Spaßfaktor ist dabei riesig und der Lerneffekt ebenso.

Das Boot zog rund zwei Stunden lang gemütlich seine Runden und an den Bojen hatte ich genug Zeit, die einsame Natur der Brandenburger Havel zu genießen und mich mit meinen Mitstreitern anzufreunden. Fachmännisch tauschten wir nicht nur Tipps aus, um die gesamte Strecke auf dem Board stehen zu bleiben, sondern auch unsere Surfboards. Ich probierte Longboards, Schaumstoffboards und Malibus aus und verliebte mich in ein kleineres Board.

Wellenreiten selbst gemacht

Frank hat das Boot zum Wellenreiten auf der Havel selbst entworfen und gebaut. Ein ausgeklügeltes System unterhalb des Boots erzeugt die Wellen auf beiden Seiten bei der richtigen Geschwindigkeit.

Stolz und zufrieden erzählte er, dass er rund drei Jahre am Design und Bau des Bootes getüftelt hat. Menschen, die ihren Platz im Leben gefunden haben, strahlen diese innere Ruhe und Gelassenheit aus. Ich lasse mich gerne von ihrem inneren Feuer mitziehen.

Der Surftrip dauert rund fünf Stunden und die reine Zeit auf dem Wasser beläuft sich auf etwa zwei Stunden, bei denen Wasserratten voll auf ihre Kosten kommen.

Endlos lange Wellen auf der Havel

Im Gegensatz zum Surfen auf dem Meer, auf dem sich die Bedingungen ständig ändern, können Abenteuerlustige eine konstante Welle genießen, Tricks üben, Fähigkeiten verbessern und den Rausch endloser Wellen spüren.

Für Wellenreiter in Deutschland gibt nicht gerade viele Orte, an denen sie sich austoben können. Doch beim Fluss-Surfen auf der Havel kommen Daheimgebliebene voll auf ihre Kosten und finden fette Wellen bis die Oberschenkel brennen. Der Riesenspaß garantiert ein breites Grinsen im Gesicht und schont die Umwelt dazu.

Wellensurfen in Deutschland bei Berlin

Wo: In Pritzerbe bei 2Wave

Teilnehmeranzahl: Max. 8 Personen

Wann: Do – So, 8 – 13 Uhr

Preis: Ab 80,- Euro (Stand nach Veröffentlichung)

Wir freuen uns über Kommentare!
Kommentar verfassen: