Auf dem Jumpseat an die Costa del Sól

Wer nach Málaga fliegt, nur um sofort wieder den Rückflug ins kalte Hannover anzutreten, hat womöglich den Sinn von Urlaub nicht verstanden. Manchmal ist jedoch auch der Weg das Ziel. Das war etwa bei TUI fly Kollegen Sören der Fall, der in seinem Praktikum die Möglichkeit erhielt, eine TUI fly Crew auf ihrem Umlauf an die Costa del Sól zu begleiten.

Es muss schon sehr gute Gründe geben, damit ich meine Wohnung um 04:30 Uhr verlasse. Mitte Mai gab es einen solchen, als ich mit Warnweste, Duty Pass und Zutrittserlaubnis zum Cockpit im Gepäck zum Flughafen Hannover fuhr. Vor mir lag mein Streckenerfahrungsflug – ein Erlebnis, das nur Airlinemitarbeitern vorbehalten bleibt.

Pünktlich zum Crew-Briefing um 05:50 Uhr erreichte ich den TUI fly Crewraum. Dort fanden die Vorbereitungen für die Flüge X3 2046/47 nach Málaga und zurück statt. Die Cockpitcrew rief dazu das Briefingpaket ab, welches das TUI Group Operation Centre für den Flug vorbereitet hatte. Dieses enthielt nicht nur die Flugroute, sondern auch eine vorläufige Gewichts- und Treibstoffkalkulation. Ein Blick auf die Wettervorhersage zeigte, dass lediglich über den Pyrenäen leichte Turbulenzen zu erwarten waren. Ansonsten herrschte gutes Flugwetter. Weil auch die Kabinenbesatzung keinerlei Besonderheiten für den Flug erwartete, war das gemeinsame Briefing von Cockpit und Kabine schnell abgeschlossen.

Bald machten wir uns auf den Weg zur Position C13. Im Gegensatz zu unseren Passagieren wählten wir dafür allerdings die Sperrgepäckkontrolle und den Lastenaufzug. Als wir dann mit unseren gelben Warnwesten zu unserer Boeing 737-800 liefen, wurde mir erneut bewusst, was für ein Privileg ich an diesem Mittwochmorgen hatte. Schließlich bleibt den meisten „Fußgängern“ ein Flug im Cockpit aufgrund der Sicherheitsbestimmungen verwehrt. Als TUI fly Mitarbeiter verfügte ich jedoch über eine Zuverlässigkeitsüberprüfung, welche die Grundlage für meine kleine Reise schaffte.

Wir verlassen die Parkposition
Mit zehn Tonnen Treibstoff in den Tanks, verließen wir die Parkposition.
Das Flugzeug beschleunigt
Binnen kurzer Zeit beschleunigten uns die zwei Triebwerke auf unsere Abhebegeschwindigkeit von 142 Knoten, umgerechnet 263 Km/h.

Wir heben ab!

Mit einem Grinsen Marke „Honigkuchenpferd“ nahm ich schließlich auf dem dritten Sitz im Cockpit Platz, dem Jumpseat. Nach einer Sicherheitseinweisung für Schwimmweste, Schutzbrille und Atemhaube dauerte es nicht mehr lange, bis das Boarding abgeschlossen war und wir zur Startbahn rollen konnten. Als Passagier in der Kabine frage ich mich immer, wann wohl die Triebwerke aufheulen und man in den Sitz gedrückt wird. Diesmal hatte ich alles im Blick. Langsam beschleunigte unsere D-ATUN, so lautete die Registrierung, auf der Piste 27L, die mir aus der neuen Perspektive gar nicht mehr so lang erschien. „V1 – Rotate!“, die Beschleunigung drückte mich weiter in den Sitz, als wir uns langsam in den Morgenhimmel erhoben. Zugleich begannen die Piloten wie ein Uhrwerk zu arbeiten: Prozeduren wurden ausgeführt, Checklisten abgearbeitet und die Anweisungen der Fluglotsen bestätigt und umgesetzt.

Die Flugzeit von knapp drei Stunden verging auf mirakulöse Weise. Zum einen erzählten die Piloten aus ihrem Fliegerleben, zum anderen ließ ich es mir nicht nehmen, mehr zu unserer Boeing und den Abläufen im Cockpit zu erfahren. Daneben konnte ich über mein Headset den Flugfunk verfolgen. Als „TUIJET Four Yankee Bravo (TUI4YB)“ – so lautete unser Rufzeichen – durchquerten wir die Lufträume auf dem Weg nach Málaga. Mit jedem neuen Sektor veränderte sich der Akzent der Fluglotsen ein wenig; bald begrüßte der Kapitän sie mit „Bonjour“, später mit „Buenos Días“.

Anflug auf Malaga
Für den Anflug auf Piste 31 mussten wir ein Stück aufs Mittelmeer hinausfliegen.
Anflug auf Malaga
Über Funk erhielten die Piloten fortlaufend neue Kursanweisungen.
Endanflug auf Malaga
Im Endanflug steuerte der First Officer die Maschine von Hand.

Anflug auf Málaga

Der Anflug auf Málaga wurde schließlich zum Höhepunkt der Reise und war eine Reizüberflutung sondergleichen. Das bergige Umland samt der Sierra Nevada sah phantastisch von oben aus. Allerdings wollte ich auch nicht verpassen, wie die Piloten das Flugzeug zur Landung konfigurierten und dabei die Displays im Auge behalten. Zusätzlich den Funk zu verfolgen und das Geschehen bildlich festzuhalten, wurde zu einer Herausforderung. Irgendwann war ich nur noch fasziniert davon, wie die Piste 31 immer näher rückte, während eine sonore Computerstimme unsere verbleibende Höhe ausrief.

Im Turnaround blieb nur wenig Zeit, die spanische Sonne auf dem Vorfeld zu genießen. Der sogenannte Walk Around, bei dem einer der Piloten das Flugzeug von außen auf sichtbare Beschädigungen überprüft, war schnell erledigt; unsere „Uniform-November“ befand sich in einem einwandfreien Zustand. Somit konnten wir überpünktlich mit dem Boarding beginnen. Dabei war es mehr dem Zufall geschuldet, dass ich mit zwei Flugbegleiterinnen im Eingang stand und die typische Begrüßungszeremonie erstmals von der anderen Seite erlebte. Zugleich wuchs meine Bewunderung dafür, wie sie die Passagiere immer noch aufs freundlichste begrüßen konnten, während mich langsam meine kurze Nachtruhe einholte.

Rückflug nach Hannover

Auch der Rückflug verging schnell, doch diesmal nutzte ich im Reiseflug die Gelegenheit, den Kolleginnen in der Kabine über die Schulter zu schauen, die gerade den Bordverkauf vorbereiteten. Pünktlich zum Sinkflug verstaute ich mich jedoch wieder auf dem Jumpseat, denn die Landung auf dem Flughafen in Hannover-Langenhagen wollte ich unbedingt wieder mit Blick nach vorne erleben. Die Piloten hatten währenddessen schon die letzten Wetterinformationen für unseren Zielflughafen abgerufen und führten ein Briefing für den Landeanflug durch, um für alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Dazu besprachen sie etwa Flugstrecke und -höhe für den Fall, dass wir durchstarten müssten. Es verlief jedoch alles nach Plan, sodass das Fahrwerk nach einer Flugzeit von 2:50 Stunden sanft auf der Landebahn aufsetzte. Sekunden später griffen die zornigen Autobrakes, die uns binnen kurzer Zeit abbremsten, sodass mein „Arbeitstag“ über den Wolken langsam ein Ende fand.

3 Kommentare
  1. Condorflight

    Ein sehr schöner Bericht mit wundervollen Fotos. Ich kannte die D-ATUN nur als Simulator Version der 737-800 von PMDG mit entsprechender Bemahlung, und fliege sie sehr oft. Daher freute mich sehr über die Bilder vom echten Cockpit, das sich zu meinem erstaunen, letztendlich von der Simulatorversion in keinster Weise unterscheidet. Schade dass dieses Erlebnis nur Tui Mitarbeitern vergönnt ist. Nur zu gern würde ich auch einmal im echten Cockpit der D-ATUN sitzen. Ich würde mich sehr freuen wenn es in Zukunft mehr solche Berichte gibt.
    Liebe Grüße
    Hendrik, 17, aus Wolfen (in der nähe von EDDP/LEJ)

    14.07.2017, 20:07
  2. ERwin

    Ein wunderschöner Bericht mit tollen Fotos! Ich hatte das Glück, meine ersten Flüge noch ein knappes Jahr vor dem 11. September absolvieren zu können – im fortgeschrittenen Alter von 45 Jahren! – und wurde zweimal ins Cockpit eingeladen. (Wie schön waren doch die Zeiten, als unter den Menschen noch Vertrauen herrschte!!)
    Seitdem bin ich viel in der ganzen Welt umhergeflogen und habe es immer genossen. Aber auch als ‘Pixel-Pilot’, also am alten Flight Simulator 2004, habe ich nach wie vor meinen Spaß und fliege, so ‘realistisch’ wie möglich, mit verschiedenen Jets in der Welt herum.

    Danke für Ihren Bericht sagt ERwin aus Holstebro

    12.07.2017, 16:07
    • TUI Mitarbeiter

      Hallo Erwin,
      schön zu lesen, dass dir unser Blogbeitrag so gut gefallen hat und du unsere Begeisterung für das Fliegen teilst. Vielleicht sieht man sich ja bald an Bord!? Wir würden uns freuen! Always happy landings, sowohl als „Pixel-Pilot“ als auch auf deinen vielen Reisen. Viele Grüße, Friederike

      13.07.2017, 14:07
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